Damals

Historie

Die ältesten Spuren in der Pohler Gemarkung stammen aus vorchristlicher Zeit. Die gut erkennbaren Hügelgräber im Pohler Wald, von dem aus man auch die Weiseler Höhe mit den Resten einer keltischen Fliehburg einsehen kann, wurden von keltischen Hirten, Jägern und Viehzüchtern angelegt, die unsere bewaldeten Höhen wohl als erste besiedelten. Die Gräber liegen am Rande uralter Überlandwege.

Ein Weg, der von Braubach über Dachsenhausen und Marienfels nach Osten führte, stieß hier auf einen zweiten, der aus dem Lahntal kommend über die Taunushöhen dem Rhein-Main-Gebiet zustrebte. Letzterer ist noch als »Alt Straß« gut sichtbar erhalten; er diente auch der heutigen »Bäderstraße« als Anhalt, deren Bau erst um 1802 herum von Napoleon veranlasst wurde. Die Wege hatten auch noch für die Römer große Bedeutung, und das mag der Grund für sie gewesen sein, sie beim Bau ihres Pfahlgrabens zu berücksichtigen. Dort wo die beiden Wege am heutigen Pohler Ortsrand zusammentrafen, konnte Professor Ernst Fabricius von der Reichslimeskommission 1903 ein römisches Kleinkastell nachweisen.

Von der Römerzeit bis zur urkundlichen Ersterwähnung sollte aber noch ein ganzes Jahrtausend ins Land gehen. Aus dem Dunkel der Geschichte taucht Pohl im Jahre 1247 wieder auf. Da schenkt Graf Heinrich II. von Nassau die Kirche zu Niedertiefenbach mit den Kapellen von Pohl und Singhofen dem neu gegründeten Kloster Arnstein. Zu diesem Anlaß wird Pohl erstmals urkundlich erwähnt.

Aus dem Arnsteiner Besitz kommt Pohl an die Grafen von Katzenelnbogen und nach deren Aussterben 1479 an die Landgrafen von Hessen. Die folgenden drei Jahrhunderte bringen Pohl zwar auch einmal ein gewisses Ansehen als Gerichtssitz und Hauptort der »Pohler Hube«, zu der auch Lollschied, Roth, Niedertiefenbach und die Wüstung Wolfrade gehörten. Die arme Bevölkerung von Pohl erlebt aber auch immer wieder Jahre voller Krieg und tödlicher Krankheit, die sie schrecklich dezimiert und einmal wohl auch gänzlich ausgerottet haben. Mehrmals füllt der Zuzug von Katholiken aus den Dörfern am Mittelrhein die Einwohnerschaft wieder auf.

Einen Aufschwung bringen die Jahre der Zugehörigkeit zum Herzogtum Nassau zwischen 1816 und 1866 sowie die anschließenden Jahrzehnte im Deutschen Kaiserreich. 1873 erhält Pohl seine eigene Volksschule und 1875 eine katholische Pfarrkirche. Ein kleines Neubaugebiet, das »Oberdorf« lässt den Ort in östlicher Richtung anwachsen. Landwirtschaftliche Selbstversorgung in jedem Haus, ein bescheidenes Handwerk, ein Backhaus, ein Kolonialwarenladen, eine Bäckerei und bald auch eine eigene Poststelle runden dörfliches Leben ohne unmittelbare Existenznot ab. Die Schule und der Männergesangverein Cäcilia 1889 stehen für »Kultur« und sind fester Bestandteil im Alltag der Pohler Bevölkerung. So wie die Jahreszeiten und der Stand der Sonne den Rhythmus der von der Landwirtschaft abhängigen Menschen bestimmen, so tun dies auch die beiden Kirchen. Die Katholiken gehören seit 1875 zur Katholische Pfarrgemeinde Mariä Himmelfahrt in Pohl, die Protestanten gehen als Evangelische Kirchengemeinde zu ihrer Mutterkirche nach Niedertiefenbach.
 
Das 20. Jahrhundert bringt zwei Weltkriege, die auch Pohl in Angst und Leid und Verzweiflung stürzen. 120 Pohler Männer ziehen in die beiden Kriege, 32 von ihnen kehren nicht mehr heim. Immerhin hält die zweite Hälfte des Jahrhunderts gewaltige Strukturveränderungen und ein Wirtschaftswunder bereit, dass auch hier für gedeckte Tische und eine gewisse Existenzsicherheit sorgt. Mit zunehmender Motorisierung sucht man sich Arbeitsplatz, Schulbildung, ärztliche Versorgung, Einkaufsmöglichkeit und auch Freizeitvergnügen immer häufiger im Umland, irgendwo zwischen Nastätten und Nassau, zwischen Koblenz, Limburg und Wiesbaden.

Bald gibt es die eigene Pfarrei und die eigene Schule nicht mehr, auch der Kolonialwarenladen, die Post, der Schuster, die Bauunternehmer und die beiden traditionsreichen Gastwirtschaften sind verschwunden. Kinder befördert man zu Kindergarten und Schulen nach Singhofen und Nassau. Obwohl man in den sechziger Jahren die Flur bereinigt, die Feldwege asphaltiert und zahllose Bäume beseitigt hat, gibt es am Ende des Jahrhunderts keinen einzigen landwirtschaftlichen Betrieb mehr in Pohl. Die Felder werden von Landwirten aus den Nachbargemeinden mitbestellt. Trotzdem gehörten lange noch einige Kühe, gelegentlich Schafe und jetzt auch wieder Pferde zum Ortsbild. Aus Gärten sind oft Rasen geworden, aus Ställen Garagen. Das Gewerbe reduzierte sich auf ganz wenige Betriebe. Mehrere Neubaugebiete haben das Bild des einstigen Straßendorfes verändert und gerundet. Sie ermöglichten Einheimischen die Aussiedlung an den Ortsrand und Fremden den Zuzug.

Im kulturellen Leben des Dorfes hatte insbesondere die Ende der 60er Jahre aufgelöste Volksschule eine Lücke hinterlassen. Diese Aufgaben verlagerten sich daraufhin auf die Ortsgemeinde Pohl und die Ortsvereine. Trotz aller Höhen und Tiefen und ganz unterschiedlichem Engagement erzielten diese dabei mitunter bemerkenswerte, großartige und überregional gewürdigte Erfolge. Über Gesang, Sport, Kultur und Geselligkeit hinaus haben sie sich auch der Pflege von Tradition und Dorfgemeinschaft verschrieben. Sie werden unterstützt von einer Gemeinde, die stolz darauf ist, keine Schulden zu haben und sich ihrerseits um die Verbesserung der Lebensqualität bemüht.

Selten hat eine bauliche Veränderung in Pohl so die Gemüter bewegt und Kräfte mobilisiert wie der Nachbau des römischen Kleinkastells, das einst in der Kirchstraße stand und 1903 von Prof. Ernst Fabricius und der Reichslimeskommission wiederentdeckt wurde. Als die Ortsgemeinde das bereits in früheren Jahren beplante Baugebiet Kirchstraße realisieren wollte, erfuhr sie, dass diese Pläne nach dem dort wiederentdeckten und neu geschützten Limes keine Chance auf Verwirklichung hatten. Gleichzeitig registrierte man in der touristisch bislang völlig brach liegenden Region eine auffällige Zunahme von Wanderern und Radfahrern, die sich am Limes orientierten.

Auf Initiative des späteren rheinland-pfälzischen Innenministers Karl-Peter Bruch prüfte man alsbald den Nachbau des ehemaligen Kleinkastells. Während der Planungen stieg das Interesse der Öffentlichkeit am obergermanisch-raetischen Limes gewaltig an und gipfelte 2005 in dessen Einstufung als UNESCO-Weltkulturerbe. Dadurch rückte das kleine Pohl plötzlich in den Fokus von Politik, Medien und Fachpublikum. Erstmals kamen, nachdem es jahrelang nur Beifall und Ermutigung für das Projekt gegeben hatte, im kommunalen Bereich auch Bedenken auf, die sich um die finanzielle Tragbarkeit des Projektes sorgten. Andererseits brachten und bringen sich viele Bürger umliegender Ortschaften im 2007 gegründeten Förderkreis ein und viele Nachbarn zeigen sich heute vom einzigartigen Flair der im September 2011 eröffneten Anlage beeindruckt.

Das Kleinkastell mit Wachtturm ist eine herausragende Visualisierungsmaßnahme am rheinland-pfälzischen Abschnitt des UNESCO-Welterbes »Obergermanisch-raetischer Limes« schlechthin und als solche einmalig an 5500 km Limes überhaupt. Als Betreiberin hat die Ortsgemeinde seither eine Vielzahl von ehrenamtlichen Helfern aktivieren können, die den Betrieb mit einem qualitativ guten Service sicherstellen und an einer ständigen Aktualisierung und Weiterentwicklung arbeiten. Zufriedene Besucher sind dabei Aufgabe und Genugtuung zugleich. Im Jubiläumsjahr 2021 wird man den 100.000sten Gast begrüßen können. 

Gemeinde Pohl
Waldstraße 4
56357 Pohl